Wie wird die Wohnfläche berechnet?

von Carsten Nessler
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Was zählt zur Wohnfläche?

Was zählt zur Wohnfläche und was nicht? Spätestens bei den Angaben zur Wohnfläche für die neue Grundsteuer, werden Sie sich mit dieser Frage auseinandersetzen müssen.

Zuerst gilt es zu prüfen, ob die Räume bei der Errichtung nach der jeweils geltenden Bauordnung als Wohnfläche (Aufenthaltsräume) zulässig waren.
 Dann muss unterschieden werden, was innerhalb der Wohnflächenberechnung zur Wohnfläche zählt und was nur Nutzfläche ist (zum Beispiel Flächen unter Dachschrägen mit weniger als 1 m Höhe, Kellerräume, oder Abstellräume außerhalb der Wohnung). Weiterhin ist zu klären, welche Normen und Verordnungen für die Berechnungen anzuwenden sind.

Strittige Wohnfläche

Bei Streitigkeiten um die Wohnfläche von Immobilien wird gerne mal selbst Hand angelegt um die Wohnungsgröße zu ermitteln und die Wohnflächenberechnung zu erstellen. Doch hier passieren in der Praxis schon die ersten Fehler.
Zumeist fehlerhaft: Die Wohnfläche wird aus dem Grundriss der Baupläne entnommen, oder jemand schnappt sich den Zollstock oder das Lasermessgerät um die Wohnfläche aufzumessen.
 Das Ergebnis der Messungen oder der gefundenen Maße im Bauplan soll dann der Wohnfläche entsprechen. Dies stimmt leider nicht immer so.

Fehlerquellen bei der Wohnflächenberechnung

Woran liegt es denn nun, dass sich Fehler einschleichen? Baupläne stellen, wie der Name schon sagt, einen „Plan“ dar – also nicht unbedingt die Realität, sondern die Vorlage für die geplante Umsetzung. Bei der Umsetzung – der Bauausführung – können sich Abweichungen vom Plan einstellen; hierbei sind die akzeptablen Toleranzen im Hochbau zu berücksichtigen. Auch stellt der Grundriss in der Regel einen Rohbauplan dar, also die Wände ohne Putz. Hier kommen im Normalfall noch zirka 1 – 1,5 cm Putz hinzu, was die Räume wiederum etwas kleiner werden lässt.
Ähnliches gilt für das Auslesen von Werten aus dem Grundriss; auf welchen Daten basiert dieser? Wurden die Daten vor Ort nachgemessen? Außerdem ist beim Messen aus Plänen wichtig zu prüfen: Ist der Grundriss Maßstabsgerecht?

Anrechnung der Wohnflächen

Nicht jede gemessene Fläche zählt automatisch zur Wohnfläche. Dachschrägen werden je nach Höhe unterschiedlich berücksichtigt; das gleiche gilt für Vormauerungen und Installationswände, zum Beispiel im Badezimmer.
 Wie ist mit Treppen, Türnischen und Wanddurchbrüchen umzugehen? Mit welcher Fläche werden Balkone, Terrassen und Loggien eingerechnet? Was ist der Unterschied zwischen einem Balkon und einem beheizten Wintergarten? Warum zählt die Badewanne und der Ofen mit in die Wohnfläche, der Schornstein aber unter Umständen nicht? Was ist mit dem Abstellraum unter der Treppe?

Welche Vorschrift gilt für die Wohnflächenberechnung?

Die DIN 277 kennt den Begriff der Wohnfläche nicht; die DIN 283 wurde zurückgezogen; die Wohnflächenverordnung ersetzt die Wohnflächenberechnung aus der II. Berechnungsverordnung für den öffentlich geförderten Wohnungsbau; und die Richtlinie zur Berechnung der Mietfläche für Wohnraum (MF/W) ist nur gültig wenn diese entsprechend vertraglich vereinbart wurde.

Was also tun? Welche Vorschrift sollte angewendet werden? Hier sollte man sich auf die Wohnflächenverordnung (WoFlV) aus 2003 berufen. Dies entspricht am ehesten einer Verordnung für (frei verkäufliche) Wohnräume, hätte es der Gesetzgeber für notwendig erachtet hier eine Verordnung zu erlassen. Die Wohnflächenverordnung wird auch von den Finanzbehörden im Zuge der Grundsteuerreform angewandt.

Wie wird die Wohnfläche korrekt aufgemessen?

Bevor es an die Berechnung der Wohnfläche geht, muss für die Wohnung (oder das Haus) ein Aufmaß erstellt werden. Hierbei werden die Grundflächen der Räume gemessen sowie die dazugehörigen Balkone, Terrassen, oder Loggien.
Hierbei gilt folgender Grundsatz: Grundflächen werden gemessen; Wohnflächen werden – wie die Überschrift schon titelt – berechnet. Im Allgemeinen ist es sinnvoll sich dabei an die Wohnflächenverordnung zu halten.

Aufmaß der Grundflächen

Die Grundfläche wird über das lichte Maß zwischen den Wänden ermittelt. Türnischen, sowie bodentiefe Fensternischen und Wandnischen mit 13 cm oder weniger Tiefe, werden nicht mitgemessen; Fuß-, und Sockelleisten, sowie Türrahmen, werden aber übermessen (die Materialdicke der Rahmen und Leisten wird nicht von der Grundfläche abgezogen, sondern zählt zur Grundfläche); Flächen von Schornsteinen und Vormauerungen werden allerdings abgezogen, wenn diese höher als 1,50 Meter sind und ihre Grundfläche mehr als 0,1 Quadratmeter beträgt.

Anrechnung der Wohnfläche im Dachgeschoss

Voll zur Wohnfläche einer Wohnung zählen die Grundflächen der ausschließlich zu dieser Wohnung gehörenden Räume, sofern diese mindestens 2 m hoch sind. Zur Hälfte der Wohnfläche werden Grundflächen von Räumen zugerechnet, sofern diese zwischen 1 m und 2 m hoch sind. Grundflächen von Raumteilen mit einer Höhe von weniger als 1 m werden nicht angerechnet.

Balkonflächen

Die ausschließlich zur Wohnung gehörenden Grundflächen von Balkonen und Terrassen zählen ebenfalls zur Wohnfläche werden aber je nach Bauart und Nutzbarkeit nur zu einem Viertel der Fläche angerechnet.

Was hat die Wohnfläche mit der neuen Grundsteuer zu tun?

Hessen setzt bei der Grundsteuerreform auf das „Flächen-Faktor-Model“, Rheinland-Pfalz wendet das „Bundesmodell“ an und Bayern nimmt als Grundlage das „Flächenmodell“. Allen Modellen gemein ist die Anwendung der Wohnfläche, als eine der Grundlagen zur Berechnung der neuen Grundsteuer. Auch hieraus wird wieder ersichtlich, wie wichtig das Wissen um die genaue Wohnfläche ist.

Viele offene Fragen

Dieser Artikel kann nicht alle Eventualitäten aufzeigen und alle Fragen beantworten, die sich aus dem Grundriss vor Ort ergeben. Hier kann ich Ihnen als Bausachverständiger helfen alle Detailfragen zu klären, ein fundiertes Aufmaß durchzuführen und die korrekte Wohnfläche zu berechnen: Die Wohnflächenberechnung.

Sprechen Sie mich an, wenn ich Sie mit einem Aufmaß und einer Wohnflächenberechnung unterstützen soll, damit Sie für die neue Grundsteuer auch die richtigen Wohnflächen angeben.

Über den Autor: Carsten Nessler

Carsten Nessler ist Baugutachter und Inhaber des Sachverständigenbüros ImmoWert Hessen in Wiesbaden. Hier finden Sie professionelle Unterstützung bei Fragen rund um die Immobilie: Angefangen von der Kaufbegleitung vor dem Immobilienkauf, oder der Bauabnahme Ihrer Eigentumswohnung / Ihres Hauses, der Ermittlung von Marktpreis und Marktwert Ihrer Immobilie, über die Einschätzung von Gebäudeschäden und Baumängeln, bei Schimmelpilzbefall, bis hin zum Übergabeprotokoll einer vermieteten Immobilie an den Mieter / Vermieter. Sprechen Sie ihn an. Er hilft gerne!

Aus der Fachzeitschrift

Cover-Seite der Fachzeitschrift "Der Bausachverständige" mit dem Artikel des Baugutachters Carsten Nessler zum Thema: "Warum ist die Wohnfläche so wichtig?"Der Baugutachter Carsten Nessler hat in einem Fachartikel dazu Stellung genommen, warum die Wohnfläche so wichtig ist! Der Artikel wurde in der Fachzeitschrift „Der Bausachverständige“* veröffentliche und behandelt unter anderem die folgenden Themen:

  • Was bedeutet die Wohnfläche?
  • Was ist eine Beschaffenheitsvereinbarung?
  • Was ist die 10 %-Regel vom BGH?
  • Wie wird die Wohnfläche ermittelt?
  • Was zählt zur Wohnfläche und was zählt nicht zur Wohnfläche?
  • Welche gesetzliche Grundlage gilt für die Wohnflächenberechnung?
  • Wieviel zählen Balkon, Loggia und Terrasse zur Wohnfläche?
  • Warum werden Dachschrägen anders berücksichtigt?
  • Welche Wohnfläche hat ein Wintergarten?
  • Zählen Stufen zur Wohnfläche?

Den ganzen Artikel „Warum ist die Wohnfläche so wichtig? Hinweise zur Wohnflächenberechnung“ gibt es hier als PDF zum Lesen.

*) Die renommierte Fachzeitschrift „Der Bausachverständige“ wird vom Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau IRB veröffentlicht und erscheint regelmäßig im Reguvis Verlag (ehemals Bundesanzeiger Verlag).

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